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Montag, 10. September 2007

kill thrill


Manchmal ist es schon ganz gut, wenn man einen Trend verschlafen hat. Bis zum gestrigen Tage hatte ich Quentin Tarantinos „Kill Bill“ verpasst. Nicht dass mich der Film sonderlich interessiert hätte aber auch mir war nicht entgangen, dass das (Mach)Werk „Kultstatus“ genießt. Bisher hatte ich nur begeisterte Konsumenten getroffen, stets war der Streifen als sehenswert beworben wurden. Umso heftiger traf mich das Grauen, beim gestrigen Versuch, mir selbst ein Bild zu machen.

Vielleicht sollte ich vorausschicken, dass ich kein Weichei bin. Kriegsfilme oder Krimis bereiten mir keine schlaflosen Nächte. Horror- oder besser gesagt Splatterstreifen lehne ich jedoch ab, da ich es nicht einsehe, warum ich meine innere Festplatte mit sadistischen und blutrünstigen Celluloid-Visionen füllen sollte. So habe ich „Scream“ nach wenigen Minuten abgeschaltet, weil ich nicht einsehe, wie man genussvoll im Fernsehsessel zuschauen kann, wenn Menschen geschlachtet werden. Natürlich bin ich mir bewusst, dass das alles nicht real ist, aber es geschehen genügend grausame Dinge auf der Welt. Da schaut nur niemand hin, weil diese Dinge nicht im Hollywood-Hochglanz-Format daherkommen, sondern schmutzige Realität sind.

Kommen wir aber zurück zu „Kill Bill“. Was mich stört, ist nicht die „Handlung“ des Films. Dass ein Mensch, der Unrecht erlitten hat, sich rächt und seine Peiniger tötet, ist ein uraltes Motiv, das sich seit Ewigkeiten durch die Literatur und logischerweise auch durch das Filmgenre zieht. Bei letzterem ist weniger die Phantasie des Zuschauers gefragt, das Medium lässt im Falle des Falles kaum Fragen offen. Die Zurückhaltung beim Abbilden von Mord und Totschlag ist längst schon gewichen. Die Großaufnahme vom beim Einschlag einer Kugel zerplatzenden Schädel gehört schon längst zu Standard. Was mich allerdings an „Kill Bill“ aufregt, ist die Ästhetisierung von Gewalt. Quasi beiläufig und immer recht „cool“ anzusehen, werden da reihenweise Menschen ins Jenseits befördert. Da wird eine Frau vor den Augen ihrer Tochter umgebracht, Schädel in Türen zerquetscht etc. Ich kann das ehrlich gesagt nicht lustig finden. Das ist kein „Kult“ sondern schlicht und ergreifend widerlicher Dreck.

Das wäre alles nicht so schlimm, wenn dieses Machwerk von Mister Tarantino aus Knoxville Texas von eben diesem „white trash“ konsumiert würde, dem er selbst entstammt. Doch leider sind Filme wie „Kill Bill“ längst im Mainstream angekommen. Ich frage mich, was in einem Fünfzehnjährigen vorgeht, der sich das reinzieht. Aber lassen wir die Spekulationen. Fakt ist, dass solche Filme von Millionen gesehen werden (so wie „Saw“ oder „Hotel“). Ich glaube nicht, dass sich deswegen tausende ein Samuraischwert besorgen oder mit dem großen Küchenmesser losziehen und ihre Mitmenschen tranchieren. Überzeugt bin ich allerdings davon, dass solche Entwicklungen die Sehgewohnheiten der Menschen verändern und langfristig zu einer Abstumpfung führen. Man kann allen nur wünschen, dass sie das Blut nur im Film spritzen sehen und niemals im realen Leben, z.B. als Soldat im Irak oder von mir aus als Zeuge eines Verkehrsunfalls, um die Sache nicht über Gebühr zu dramatisieren. Man kann nur hoffen, dass sie sich nicht zum falschen Zeitpunkt an einer Schule in Erfurt oder Columbine aufhalten. Oder in Jerusalem, London oder Madrid mit dem falschen Zug, Bus fahren.

Ein Wort noch zu Herrn Tarantinos Werk: „Pulp Fiction“ finde ich noch immer einen guten Film, weil er sehr gekonnt mit den seltsamen Verflechtungen des Lebens spielt. Doch schon „Reservoir Dogs“ ist mir übel aufgestoßen. Da ging es ebenfalls nur um die möglichst ästhetische Darstellung von Gewalt. Und wäre „From Dusk Till Dawn“ nicht so überzeichnet, könnte man das Gleiche behaupten. Weitere Filme habe ich noch nicht gesehen und werde es wahrscheinlich auch nicht tun. Es interessiert mich nicht und ich habe keine Lust mehr dazu, genauso wenig wie auf weitere Machwerke Tarantinos. Da kann ich halt nicht mitreden, na und? Es gibt wesentlich bessere Filme als die aus Hollywood.

PS. Die Islamisten haben Recht, wenn sie unsere Kultur als degeneriert bezeichnen. Mal abgesehen davon, dass „Kill Bill“ & Co. nicht viel mit Kultur zu tun hat und die Scharia aus Niemandem einen sensibleren und intelligenteren Menschen macht…