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Sonntag, 12. August 2007

Wir sind … Dresden?

Neulich wurde in Dresden ein Stadtslogan gekürt, der auf den Punkt gebracht das Lebensgefühl der Elbestädter ausdrücken soll. Man entschied sich für „Dresden barockt“, weil das so schön die Vergangenheit, namentlich den Barock auf den man hier so stolz ist, mit einem jungen, energetischen Aspekt, dem „rocken“ verbindet.

Reden wir nicht darüber, dass der Slogan, der medial großartig gefeiert wurde, bereits über ein Jahr zuvor vom Kultur Aktiv, einem Verein, bei dem ich Mitglied bin, ins Rennen geschickt wurde als Motto für eine Konzertreihe zum 800sten Geburtstag Dresdens. Reden wir nicht darüber, dass ich den Spruch schon damals albern fand und auch darüber nicht, dass den professionellen Journalisten dieser Stadt, die den hohen Ratschluss verkünden durften, bei der Erwähnung von „Dresden barockt“ kein „Moment mal!“ durchs Gehirn zuckte. Bei diesem schlechten Langzeitgedächtnis wundert mich auch nicht mehr, dass der Sachsensumpf noch vor sich hin müffelt…

Was mich an solchen Aktionen am meisten stört, ist, wie krampfhaft versucht wird, ein „Wir“-Gefühl zu erzeugen. Wie soll das gehen? Was verbindet den Harz IV-Empfänger mit dem Chef eines großen Unternehmens, was die 70-Jährige mit dem Kleinkind, was den Universitätsprofessor mit dem Hilfsarbeiter, was den Gorbitzer mit dem Loschwitzer? Ich habe definitiv keine Antwort auf diese Fragen, zumindest nichts Substanzielles, was über das Niveau eines Bild-Zeitungs-Wirs oder das „Wir“-(Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt)-Geschwafel professioneller Werbetreibender hinausgeht. Ehrlich gesagt, sind mir diese Wirs suspekt. Ich fühle mich davon gegen meinen Willen vereinnahmt, ja regelrecht vergewaltigt. Mit diesem Volks- und Schicksalgemeinschafts-Wir will ich nichts zu tun haben.

Nur weil ich in der gleichen Stadt wie Bürger X und Y wohne, gibt es nicht zwangsläufig etwas, was mich mit ihnen verbindet. Sicher, alles was sich unter Lokalpolitik subsumieren lässt, geht uns gleichermaßen an. Wenn meine Stadt pleite ist und keine Handlungsspielräume mehr besitzt, dann betrifft das alle Bürger. Wenn ein Teil der städtischen Wohnungen verkauft werden, wie in Dresden geschehen (X), dann geht das vorrangig die an, die da wohnen und die, die sich kein Wohneigentum leisten können. Der Rest kann sich getreu des St. Florian-Prinzips freuen, nicht selbst betroffen zu sein…

Lassen wir diese Diskussion, da sie für dieses Forum zu komplex ist. Von „oben“ beschlossene Slogans sind nicht dazu angetan, mir ein Wir-Gefühl zu vermitteln. Für meinen Teil kann ich nur feststellen: Ich lebe ganz gern in Dresden. Weil die Stadt sehr grün ist. Weil die Menschen in ihren teils sehr nervigen Konservatismus eine Menge historische Substanz erhalten haben, von dem, was nach dem Zweiten Weltkrieg noch übrig war. Ich mag Dresden, weil es hier ein interessantes und abwechslungsreiches Kulturleben neben all dem Hochglanz-Vorzeige-Touristen-Krimskrams gibt. Weil das Tempo nicht so krankhaft angezogen und die Leute nicht so trendig-überdreht sind, wie anderswo. Weil ich hier viele gute Freunde habe und mich meist recht wohl fühle.


Mein Vorschlag für ein Stadt-Motto würde lauten:
Dresden – bleib ma ganz ruhsch!
[Für Nicht-Sachsen: Dresden – Bleib ruhig!]

PS: Als ich einer Freundin von diesem Thema erzählte, meinte sie, es entspräche schon den Tatsachen, dass die Dresdner besonders mit ihrer Stadft verbunden sind. Das möchte ich nicht in Abrede stellen. Nur bezweifle ich, dass sich diese Verbundenheit in einen schmissigen Slogan gießen lässt. Dabei handelt es sich um ein Instrument zur Vermarktung, mehr nicht. Und das wird von denen eingesetzt, die etwas zu verkaufen haben...

Dienstag, 7. August 2007

Frust & Lange Weile

Heute ist mal wieder so ein Tag. Eigentlich habe ich zu nichts Lust und möchte nur im Bett liegen. Dummerweise gibt es genug zu tun, doch ich kann mich beim besten Willen nicht motivieren. Mein Kontostand sagt mir, dass Arbeiten sich nicht lohnt. Ständig muss ich mich hinhalten lassen: „Ja, das Geld kommt ja!“ auf der anderen Seite wird aber erwartet, dass ich jederzeit bereit bin, volle Leistung zu bringen und mich mit Sachen zu beschäftigen, die mir bestenfalls egal sind. Als Schreiberling passiert mir so etwas oft…

Das Traurige an dieser Situation ist, dass mir auch die Kraft und Energie für andere Dinge fehlt. Sachen, die eigentlich Spaß machen sollten, werden ebenso zur Last. Freude zu empfinden, ist so nicht möglich, im besten Fall kann man für eine kurze Zeit dem Alltag entfliehen. Wenigstens habe ich mit diesem Beitrag angefangen, überhaupt etwas Sinnvolles zu tun. Jetzt bleibt nur noch

- ein Artikel zu schreiben

- zwei Termine zu machen

- zwei Feten vorzubereiten

- Gras zu hauen

- Toilette nach einem Wasserschaden wieder herzurichten

- Zahllose Rezensionen für meine Website zu verfassen

…und dabei auch noch Zeit für ein Familienleben zu haben.

Freitag, 3. August 2007

Gelenkte Demokratie

Fernsehen kann ganz schön deprimierend sein. Ich meine damit nicht, dass man meist nur die Auswahl zwischen „breaking news“ über Scarlett Johanssons Nasenring und Paris Hiltons Knasterfahrungen hat. Drauf gesch…, den Mist kann man einfach abschalten. Wirklich deprimierend sind die journalistisch gut gemachten Beiträge über die debilen Dinge, die in der Welt so vor sich gehen. Eine kleine Auswahl der Themen der gestrigen Monitor-Sendung in der ARD:

Bahn unterm Hammer: Die Deutsche Bahn wird privatisiert und es ist bereits abzusehen, dass sich nur die privaten Investoren eine goldene Nase verdienen, der Steuerzahler insbesondere dem zweiten Teil seines Namens gerecht wird. Auch zukünftig soll aus öffentlichen Mitteln in die Infrastruktur investiert werden, die Rendite kassieren jedoch andere.

Giftige Gase: Der Chemiekonzern Bayer baut eine Pipeline für Kohlenmonoxid (CO) von einem Werksteil zu einem anderen. Die einwandige, nur etwas über einen Meter tief vergrabene Rohrleitung verläuft in gefährlichem Abstand zu bewohnten Gebieten. Nun ist Kohlenmonoxid nicht gerade ein „Giftgas“ aber doch ein recht giftiges Gas. Die Experten, die im Beitrag zu Wort kommen, sind übereinstimmend der Meinung, dass es bei einem Leck in der Leitung zu gesundheitlichen Problemen der Anwohner, im ungünstigsten Fall zu Todesfällen kommen kann. Die Behörden nehmen dieses Risiko in Kauf. Und als wäre das noch nicht schlimm genug, werden die Besitzer der Grundstücke durch die die Leitung führen soll auch noch enteignet. Für das Gemeinwohl. So etwas ist zwar durchaus für den Straßenbau und ähnliche Vorhaben üblich, nicht aber zur Wohle einer kommerziell arbeitenden Firma.

Tod im Atlantik: Dass immer mehr Afrikaner versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen, dürfte wohl allgemein bekannt sein. Auch, dass viele dabei sterben. Was jedoch sicher wenige wissen, ist, dass wir – das Personalpronom bezieht sich auf den „Westen“, genauer auf die EU – wieder einmal direkt dafür verantwortlich sind. Die Europäische Union hat sich für wenig Geld die Fangrechte vor den Küsten verschiedener afrikanischer Länder gekauft und fischt dort mit subventionierten Riesenschiffen die Meere leer. Das Resultat: Die einheimischen Fischer fangen nichts mehr. Der wirtschaftliche Notstand, die Unmöglichkeit sich selbst zu ernähren, treibt die Menschen dann dazu, ihr Glück in Europa zu versuchen. Den afrikanischen Staaten entgehen gigantische Einnahmen, die sie erzielen könnten, wenn sie die Fische selbst auf dem europäischen Markt verkauften. Statt nun mit diesen Gewinnen ihre Schulden zu tilgen, werden sie immer abhängiger von unserer Mildtätigkeit…

Warum Stroh nicht Stroh sein darf: Man stelle sich Folgendes vor: Ein Landwirt baut Dinkel an, aus dem er verschiedene Produkte herstellt. Bei der Verarbeitung fallen Spelzen, das sind die Hüllblätter der Körner, an, die er für viel Geld entsorgen muss. Nun ist der Mann nicht auf den Kopf gefallen und überlegt sich, was er mit dem Zeug noch anfangen könnte. In Zeiten steigender Energiekosten kommt er auf die Idee einen Brennstoff daraus herzustellen, so genannte Strohpellets. Die sind – Achtung Klimadiskussion! – CO2-neutral und bringen ihm auch noch Geld ein, was wiederum Steuern für den Staat bedeutet. So weit so gut. Nun entscheidet aber die zuständige Behörde, dass die Spelzen-Abfälle kein Stroh sind und deswegen auch nicht zu Pellets gepresst und verbrannt werden dürfen. Im Beitrag werden verschiedene Fachleute gefragt und alle sind der Meinung, dass besagte Abfälle Stroh sind. Dem Behördenheini ist das egal, denn seine Juristen sagen etwas anderes…

Natürlich sind das nur einige wenige Beispiele für den alltäglichen Wahnsinn. Durch die Fernsehsendung sind sie jetzt publik, doch wird sich deshalb daran etwas ändern? Höchstwahrscheinlich nicht.
Als Bürger dieses Staates frage ich mich, was ich machen kann, wenn widersinnige Dinge geschehen. Unser aller Eigentum wird verschleudert– die Bahn gehört noch dem Staat und damit uns allen – damit sich einige wenige bereichern können. Man riskiert Gesundheit und Leben von Menschen, damit die Gewinne eines großen Unternehmens steigen. Man sorgt mit seinem Handeln dafür, dass an sich schon unhaltbare Zustände sich weiter verschärfen. Kluge Ideen werden abgewürgt, weil sie nicht ins Konzept passen…

Manchmal möchte ich die Verantwortlichen mit einem Baseballschläger in der Hand besuchen. Sicher, ich weiß, dass das nichts ändert, doch vielleicht würde ich mich nicht mehr so machtlos fühlen. Einfach hinnehmen kann ich diese Zustände nicht. Mich mit Scarlett und Paris und wie sie alle heißen, zu beschäftigen, damit die Cleveren und Mächtigen in Ruhe ihr Ding machen können, dazu habe ich keine Lust. Ich wünschte, ich hätte eine Idee, wie vernünftige, weniger egoistische Menschen die Demokratie lenken könnten. An die „kapitalistische“ Demokratie, an eine Selbstregulierung durch die Kräfte des Marktes und die freie Entfaltung des Individuums unter diesen Bedingungen glaube ich ehrlich gesagt nicht mehr…

Donnerstag, 2. August 2007

Werbliche Dysfunktion

Neulich erhielt ich eine Email, in der stand Folgendes zu lesen: Sie leben nur einmal. Warum nicht mal was Neues ausprobieren? Recht hat der Schreiber! Beim Weiterlesen musste ich dann allerdings feststellen, dass man mir nur Medikamente verkaufen wollte, Cialis und ein weiteres Produkt. Die Nachforschung bei Google ergab, dass die Pillen bei erektiler Dysfunktion helfen. Na danke schön! Wer hat denn gesagt, dass ich das brauche? Aber ich will nicht die beleidigte Leberwurst spielen, sondern viel lieber zum Thema zurückkommen.
Die Aufforderung lautete „Versuchen Sie mal was Neues!“ Da sollte man doch ein Angebot erwarten, welches ein Stück weit eine Herausforderung ist, was Spannendes verspricht oder zumindest den Hauch des Verruchten hat. Was kommt stattdessen? Mir werden Medikamente angeboten, diskret versandt und besonders billig. Das ist es also, was mein Leben eine Wende geben soll? Ein paar Pillen kaufen, dazu noch „diskret“, nicht zu vergessen „billig“. Wer solche Aufforderungen schreibt, der findet es bestimmt auch spannend, im Supermarkt um die Ecke auf Schnäppchenjagd zu gehen. Haben diese Internetkrämer wirklich nichts besser zu bieten?

Zugegeben, erektile Dysfunktion ist bestimmt nicht besonders angenehm. Mag sein, dass Manchem besagte Mittelchen Linderung verschaffen. Vorausgesetzt der Proband leidet nicht schon immer unter einer Schwäche seiner Männlichkeit, so bedeutet die Wirkung von Cialis & Co. für ihn jedoch nichts Neues, sondern maximal das Wiedergewinnen alter Fähigkeiten. Das ist zwar schön, widerspricht aber deutlich dem eigentlichen Kern der Werbebotschaft. Nun wissen wir alle, dass Werbung übertreibt und lügt, nur müssen sich die Absender nicht wundern, wenn man, nachdem der Schwindel aufgeflogen ist, keine Lust mehr auf ihren Mist hat. Zum Glück hat das Leben mehr zu bieten als eine Latte… schwachsinniger Produkte.